Ein 16-jähriger Deutscher, der zum Judentum konvertieren will, wurde in Graz wegen eines Davidsternrings vor wenigen Tagen attackiert. Der Antisemitismus steigt - in ganz Europa, auch in der Steiermark. Die jüdische Gemeinde in Graz fordert, dass die Politik nicht nur redet, sondern verstärkt auch couragiert handelt.
Die Attacke auf den 16-Jährigen Mittwochabend in der Muchargasse macht betroffen: Der in Graz lebende Deutsche möchte zum Judentum konvertieren, er trug einen Ring mit dem Davidstern. „Bist a Jude“, wurde er von zwei Jugendlichen - laut Aussage des Betroffenen hatten sie keinen Migrationshintergrund - angepöbelt, er solle sich „verpissen“. Schließlich wurde ihm ins Gesicht geschlagen.
Kein Einzelfall: So soll vor einiger Zeit im Volksgarten ein Jugendlicher attackiert worden sein, er hat aber keine Anzeige erstattet. „Die steirische Polizei nimmt den Verdacht solcher antisemitischen Straftaten sehr ernst. Eine Steigerung ist festzustellen“, sagt auch Polizeisprecher Markus Lamb.
„Situation hat sich stark verschlechtert“
„In den vergangenen fünf Jahren, insbesondere in den letzten zwei bis drei, hat sich die Situation sehr stark verschlechtert“, sagt Elie Rosen, Leiter der kleinen jüdischen Gemeinde in Graz, die etwa 150 Personen umfasst. Der Antisemitismus steige deutlich, das würden mehrere Erhebungen zeigen. Der aktuelle Verfassungsschutzbericht (für das Jahr 2018) etwa weist für Österreich 49 antisemitsche Tathandlungen aus, vier Personen wurden verletzt.
„Wir reden hier nicht nur vom rechten Antisemitismus“, so Rosen. „Alle Studien zeigen einen hohen Anteil von linkem sowie muslimischem Antisemitismus.“ Rosen hat begonnen, Fälle einzeln zu dokumentieren, etwa Schimpftiraden am Telefon oder auf der Straße, aber auch in sozialen Netzwerken, wo Judenhasser auf Knopfdruck ein großes Publikum erreichen und sich gefährliche Zellen bilden.
Couragiertes Handeln der Politik gefordert
Rosen betont im Gespräch mit der „Krone“ das gute Einvernehmen mit der Polizei (die Ermittlungen im aktuellen Fall wurden vom Verfassungsschutz übernommen) und auch mit der Stadt Graz. „Alle Politiker sind gegen Antisemitismus. Wenn es aber darum geht, couragiert etwas zu tun, etwa gegen die BDS-Bewegung (sie fordert eine Isolation Israels, Anm.), sieht es ganz anders aus“, fordert er auch ein verstärktes Engagement in der Pädagogik.
Die Situation ist laut dem Grazer derzeit für alle jüdischen Gemeinden unsicher. „Wir wissen nicht, wie es in Zukunft weitergeht.“
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